Wer die Wahl hat, hat die Qual – Vier Bürgermeister-Kandidaten im Gespräch

Wir haben uns in den letzten Wochen und Monaten mit einigen der Bürgermeister-Kandidaten für ein Gespräch zusammengesetzt und in etwa 60 Minuten möglichst viele Themen besprochen. Manch einer hat uns abgesagt, manch einen haben wir nicht gefragt.
Wir möchten Euch hier einen Überblick zu unseren vier Gesprächspartnern geben, der nicht allumfassend ist, aber für die innerhalb unserer Bürgergruppe „Luckenwalde Ökologisch Sozial“ brennenden Fragen gute Antworten liefert. Leider war die Zeit nicht immer ausreichend, um mit allen Kandidaten alle Fragen bis ins Detail zu besprechen.
Kandidaten-Vorstellung:
Kandidat Frage | Sven Eppinger (parteilos) | Matthias Grunert (SPD) | Felix Menzel (CDU) | Jochen Neumann (parteilos) |
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Was gefällt Ihnen an Luckenwalde? | Boulevard, Tierpark, Kino, gute Verbindung nach Berlin, Fläming-Skate | Luckenwalde hat vielfältige Kultur- und Freizeitmöglichkeiten | die sportliche Vielfalt; durch den Sport auch nach Luckenwalde gekommen | Lebensqualität, offene Multi-Kulti-Gesellschaft |
Was ist Ihr Beruf? | Geschäftsführer, Projektentwickler und Controlling bei Sunfarming | Polizist und Gruppenführer der Wasserwerfer/Sonderwagengruppe in Potsdam | IT-Referent im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz | Amtsrichter in Luckenwalde |
Was hat Sie veranlasst zu kandidieren? | Potenzial von Lucken-walde entwickeln, zwischen den Parteien vermitteln, Managementwissen anwenden, Ehrlichkeit und Transparenz ist sehr wichtig | Gegengewicht gegen die Gefahr aus dem rechten Spektrum; Stadt weiter voran bringen | die Chance nutzen, mitzugestalten; eigene Verwaltungserfahrung einbringen | Luckenwalde soll sich so weiter entwickeln, wie in den letzten Jahren, mit Theater, Bibliothek, Bädern usw.; Lebensqualität und Weltoffenheit erhalten; die Familie hat gesagt „Du musst das machen“ |
Welche freiwilligen Leistungen sind Ihnen besonders wichtig? | Feuerwehr, Tierpark, Therme, … die Entscheidung ist kompliziert | alle sind erhaltenswert; das alte Stadtbad sollte zum Jugend- und Kulturzentrum werden | als Sportler – die kostengünstige Sportstättennutzung, weil Vereine die Gemeinschaft stärken | alle (Tierpark, Bibliothek, Vereine …); außerdem muss das Bauhofpersonal gestärkt und externe Kräfte reduziert werden |
Wie wichtig ist Ihnen Natur- und Umwelt-schutz? | als gelernter Landwirt ist Umwelt- und Naturschutz wichtig; Boden ist das Wertvollste; Baumpflanzungen organisiert (500 Roteichen) | mit Blick des Hobby-Imkers wirkt die Umsetzung des Antrags „Buntes Luckenwalde, bienenfreundliche Stadt“ durch das Grünflächen-amt sehr konservativ | am Beispiel Boulevard – es fehlen die Bäume; Müllecken im Stadtbild stören; Patenschaften für Grünflächen entwickeln | die Stadt heizt sich immer stärker auf und es wird trockener; Versiegelung muss gering gehalten werden; Gestaltungssatzung sinnvoll; Bestandsbäume müssen erhalten bleiben |
Themen, die LÖS wichtig sind:
Kandidat Frage | Sven Eppinger (parteilos) | Matthias Grunert (SPD) | Felix Menzel (CDU) | Jochen Neumann (parteilos) |
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Soll die Stadt weiter wachsen? | ja, vor allem Ansiedlung von Gewerbe | neue Gewerbe- und Industrieflächen sind wichtig | Gewerbeflächen anbieten und Wirtschaftsleistung erhöhen | die Menschen wollen irgendwo wohnen; für Wohnbebauung und Zuzug muss es einen gesunden Rahmen, aber keinen zweiten Schönhannchenweg geben mit Haus an Haus; ein maximaler Versiegelungsgrad von 0,2 wäre richtig; auch Siedlungen im Randbereich können nötig werden, weil Wohnentwicklung gebraucht wird; aber abschre-ckendes Beispiel ist Ludwigsfelde |
Welchen Handlungsspielraum sehen Sie in der gesamtpolitischen Situation für die Stadtverwaltung? | zurzeit teilweise chaotische Verwal-tungsstrukturen „knallhart“ umstrukturieren; Wirtschaftsförderung muss Chefsache werden; mehr Werbung für Luckenwalde | wichtige Projekte: Kommunikation und Sicherheit; eine bessere Koordination muss in der Amtsleiterrunde gesteuert werden; Instandsetzung und Erhaltung von Gebäuden und Grünflächen; Zusammenarbeit mit allen Stadtverordneten wichtig | mehr Effektivität – Verwaltung soll mehr „Macher“ und weniger „Bedenkenträger“ sein; mehr Bürgerbüros für mehr Bürgernähe; verschiedene Fraktionen und Interessen zusammenbekommen; Fehler darf man zugeben; auch mit Personen mit abweichenden politischen Ansichten im Gespräch bleiben | eine aktive Wirtschaftsförderung ist wichtig; Potentiale der ortsansässigen Strukturen/Vereine nutzen, um z.B. Ausgaben der freiwilligen Leistungen zu verringern |
Welche Einsparmöglichkeiten gibt es bei der aktuellen Haushaltslage? | kein neues Personal einstellen, Digitalisierung und KI zur Vereinfachung der Abläufe nutzen, Prioritätenlisten erstellen, Neuansiedlungen von Gewerbe, Entwicklung neuer Gewerbegebiete, Fördermittel heranholen, letztendlich Einsparungen bei freiwilligen Leistungen | Verwaltungsstrukturen genau anschauen und Doppelaufgaben herausfiltern; prüfen, ob Stelleneinsparung möglich ist; Erbpacht in Betracht ziehen | Einsparpotenziale: Turmfest, Parkhaus; Benchmarking, um von anderen Städten zu lernen; Höhere Einnahmen? Ja, aber schwierig: Gewerbe ansiedeln, um Boulevard stärker zu beleben; Tourismus ankurbeln und Potential der Nähe zur Fläming-Skate nutzen | prüfen, wo Stadt zu viel ausgibt; nicht betriebswirtschaftlich agieren, sondern aktuelle Stadtentwicklung betrachten; Einnahmen erhöhen, z.B. auch im kulturellen Bereich |
Sport, Vereine, Migration | Ehrenamt ist wichtig, Erhaltung der Sporthallen und weiterhin kostenlose Nutzung; Bauhof sollte die Vereine mehr unterstützen | Hallenkosten würden kleine Vereine extrem belasten, Vereine nach ihren Möglichkeiten für gesellschaftliche Aufgaben heranziehen, z.B. gegen Vermüllung helfen | Sport/Kultur ist wich-tigstes Bindemittel der Gesellschaft; „Jeder Euro, der in Kultur und Sport investiert wird, wird um ein Vielfaches vermehrt“; Sporthallen sollten bezahlbar bleiben, aber Vereine müssen anteiligen Beitrag zurückgeben; ins Gespräch kommen | multi-kulturelle Gemeinschaft, die sich beim Kultur- und Streetfood-Festival ganz deutlich zeigt; das gute Miteinander muss weiter gestärkt werden |
Wie werden Sie Bürgerbeteiligung ermöglichen? | Bürger-Talks weiterführen, denn viele gute Ideen kommen von den Bürgern | bereits mit Abfrage-Flyer Prioritäten und Themen der Bürger abgefragt; wichtig, mit allen ins Gespräch zu kommen | engagierte Menschen/Gruppen sichtbar machen, um den Interessenten einen Zugang zu zeigen; es steckt viel Potential in den Ideen der Bürger | Bürgerräte für spezielle Themen; das Ergebnis geht in den Abwägungsprozess ein, ist aber nicht entscheidend |
Aufenthaltsqualität in der Stadt für junge und ältere Menschen. | für Räumlichkeiten für die Jugend einsetzen (z. B. Cocktailbar), aber die Jugend hat eigentlich andere Prioritäten, nämlich die Frage, wie es nach der Schule weitergeht | existierende Angebote bekannter machen, z.B. openEck oder MehrGenerationenHaus; um Rückzugsgebiete der Jugend sicherer zu machen, sind gemeinsame Streifen von Ordnungsamt und Polizei nötig; Jugendliche an ihren bekannten Rückzugsorten zufriedenlassen; Barrierefreiheit und mehr Mitspracherecht schaffen | viel Grau ist schon verschwunden, aber es gibt noch einige Industrieruinen; altes Stadtbad – faszinierendes Gebäude, Zwischenlösung ist charmant, aber langfristig keine Lösung in Sicht | mehr Sauberkeit durch verstärkten Einsatz des Ordnungsamts, auch am Wochenende und nach 18 Uhr; die Stadt sollte dauerhaft Räume zur Verfügung stellen, damit sich Bürger:innen treffen und in Eigenregie organisieren können, so wie z.B. im openEck |
LÖS-Zusammenfassung | Fokus liegt auf Gewerbeansiedlung; Naturschutz steht im Widerspruch zu Wirtschaftsinteressen | naturnah, verstärkte Sicherheit ist in vielerlei Hinsicht wichtig, Kultur- und Sportangebote erhalten | Ideen der Bürger anhören und unterstützen statt abwiegeln, Gemeinschaft durch Kultur und Sport stärken, mehr Grün in der Stadt | kulturelle Angebote beleben die Stadtgemeinschaft, Wohnbebauung muss in gesundem Rahmen bleiben, Bäume erhalten und übermäßige zusätzliche Versiegelung vermeiden |
Auf jeden Fall muss der zukünftige Bürgermeister Luckenwaldes einen eher defizitären Haushalt von ca. 50 Millionen € / Jahr verantworten und über 200 Mitarbeiter:innen führen. Der Aufgabenbereich des Bürgermeisters umfasst alles von Abfall, Denkmalschutz, Gebühren, Grundschulen, Kanalisation, Klimaschutz, Kultur, Stadtplanung, Straßenbau, Vandalismus, Vertragswesen bis Wirtschaftsförderung. Bürgermeister:innen repräsentieren ihre Stadt nach außen und gegenüber der Einwohnerschaft.
Rund die Hälfte der gewählten hauptamtlichen Bürgermeister:innen in Deutschland haben studiert. Die meisten waren in der Regel über Jahre in der Kommunalpolitik aktiv und dadurch mit der Arbeit der Verwaltung vertraut*.
Die Bürger:innen erwarten u.a. Zielsetzungen im Bereich der Gestaltung des Stadtbildes und des guten Umgangs mit Menschen sowie Einsatz für das Gemeinwohl.
(* Quelle: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Presse/imported/downloads/xcms_bst_dms_23926_23927_2.pdf)
Sie haben die Wahl.